Bereits seit Langem beschäftigt sich Michael Nowak mit verlassenen Orten und ihrer besonderen Ausstrahlung. Was ihn dabei fasziniert, ist schwer zu beschreiben. Es ist diese Mischung aus Stille und Geschichte, aus Verfall und Schönheit. Die Art, wie Efeu durch Fenster wächst und die Natur langsam zurückerobert, was Menschen einst erschufen. Begonnen hat alles mit organisierten Führungen durch ehemalige Industrieanlagen. Dort lernte er, dass verlassene Orte mehr sind als nur Ruinen. Sie sind Zeitkapseln, Geschichtsbücher aus Stein und Stahl. Orte, an denen man etwas spürt, was sich nicht erklären lässt. Heute plant er Reisen gezielt um solche Destinationen herum. Nicht wegen des Nervenkitzels, sondern wegen der Atmosphäre. Wegen der Momente, in denen man innehält und staunt über das, was Zeit mit Gebäuden macht und was Gebäude mit der Zeit machen.
Warum verfallene Orte faszinieren
Der Reisefan hat über die Jahre viele Lost Places besucht und dabei eine Erkenntnis gemacht: Es geht nicht um Grusel oder Nervenkitzel. Es geht um Unterbrechung. In unserer durchgeplanten Welt wirken verlassene Orte wie Risse im Alltag. Dort muss man nichts verstehen, nichts bewerten, nichts optimieren. Man kann einfach da sein und staunen. Über das, was Menschen zurücklassen. Über das, was die Natur zurückerobert. Über die Kraft der Zeit.
Die Stille hören
In einem verlassenen Gebäude herrscht eine andere Art von Stille als in der Natur. Es ist nicht die Abwesenheit von Geräuschen, sondern die Anwesenheit von etwas anderem. Als würden die Wände atmen. Als hätten sie Erinnerungen gespeichert.
Michael Nowak mag Wien und verbindet mit der Stadt normalerweise Geschäftigkeit und Leben – aber auch dort gibt es versteckte Orte mit eigenartiger Ausstrahlung, die ihn magisch anziehen. Verlassene U-Bahn-Schächte, stillgelegte Fabriken, vergessene Keller unter historischen Gebäuden.
Europas geheimnisvolle Orte
Klassiker mit Geschichte
Manche verlassene Orte sind bekannt geworden, fast schon touristisch erschlossen. Trotzdem haben sie ihre Wirkung nicht verloren:
- Beelitz-Heilstätten, Deutschland: Riesige Sanatoriumsanlage aus der Kaiserzeit, heute ein Labyrinth aus verwachsenen Gebäuden und morbider Schönheit
- Oradour-sur-Glane, Frankreich: Ein Dorf, das 1944 zerstört und als Mahnmal konserviert wurde – Zeit steht still
- Poveglia, Italien: Kleine Insel bei Venedig mit düsterer Vergangenheit als Pest-Quarantäne und Irrenanstalt
- Pyramiden, Norwegen: Verlassene Bergbaustadt auf Spitzbergen, perfekt konserviert durch die Kälte
- Hashima, Japan: Ehemalige Bergarbeiter-Insel, heute Betonruine im Meer
Diese Orte haben eines gemeinsam: Sie erzählen keine einfachen Geschichten. Man muss sie selbst deuten.
Versteckte Geheimtipps
Der erfahrene Lost-Place-Besucher sucht mittlerweile bewusst weniger bekannte Orte auf. Verlassene Dörfer in den Pyrenäen, wo nur noch die Kirche steht. Ruinen von Klöstern in Irland, überwuchert von wildem Efeu. Alte Industrieanlagen in Osteuropa, wo Rost und Natur ein eigenartiges Bündnis eingegangen sind.
Michael Nowak schätzt Immobilien normalerweise nach praktischen Kriterien wie Lage und Zustand – aber bei Lost Places gelten andere Regeln: Je verfallener, je geheimnisvoller, desto interessanter.
Diese unbekannteren Orte haben oft eine intensivere Atmosphäre. Keine Absperrungen, keine Warnschilder, keine anderen Besucher. Nur man selbst und die Vergangenheit.
Michael Nowak: Was macht die Atmosphäre aus?
Das Spiel mit der Fantasie
Ein rostiger Kinderwagen in einem verlassenen Krankenhaus. Ein halb gedeckter Tisch in einer Ruine. Schuhe, die ordentlich neben einer zerbrochenen Tür stehen. Solche Details sind es, die der Fantasie Futter geben. Wer war hier? Warum sind sie gegangen? Was haben sie zurücklassen müssen? Diese Fragen haben oft keine Antworten. Aber sie öffnen Räume im Kopf. Die stärksten Eindrücke entstehen nicht durch das, was man sieht, sondern durch das, was man sich vorstellt.
Zwischen Realität und Legende
Natürlich ranken sich um viele Lost Places Spukgeschichten. Geistererscheinungen, unerklärliche Geräusche und kalte Stellen. Manches davon ist Erfindung und manches Einbildung, erklärt Michael Nowak. Aber manches bleibt auch rätselhaft.
Praktische Tipps für Lost-Place-Touren
Vorbereitung ist wichtig
Nicht jeder verlassene Ort ist frei zugänglich. Manche gehören Privatpersonen, andere sind aus Sicherheitsgründen gesperrt. Der verantwortungsbewusste Erkunder informiert sich vorher:
- Eigentumsrechte klären
- Gefahren abschätzen (einsturzgefährdet?)
- Lokale Gesetze beachten
- Ausrüstung mitnehmen (Taschenlampe, feste Schuhe)
- Niemals allein gehen
- Wetter berücksichtigen
Respekt vor dem Ort
Lost Places sind keine Abenteuerspielplätze. Viele haben tragische Geschichten, waren Schauplätze von Leid oder haben emotionale Bedeutung für ehemalige Bewohner.
Der erfahrene Besucher hält sich an ungeschriebene Regeln: Nichts mitnehmen, nichts kaputtmachen und keinen Müll hinterlassen. Fotografieren ja, aber mit Respekt. Manche Orte sollte man einfach auf sich wirken lassen, ohne sie zu dokumentieren, merkt Michael Nowak an.
Was bleibt von solchen Reisen?
Momente der Stille
In unserer lauten Welt sind echte Ruhemomente selten geworden. In verlassenen Orten findet man eine andere Art von Stille. Nicht die entspannte Ruhe der Natur, sondern etwas Intensiveres. Als würde die Welt für einen Moment den Atem anhalten. Diese Momente lassen sich nicht fotografieren oder in sozialen Medien teilen. Sie existieren nur im Erleben. Und genau das macht sie wertvoll.
Neue Perspektiven
Lost Places zeigen, wie vergänglich alles ist. Was heute wichtig erscheint, kann morgen Ruine sein. Was heute bewohnt ist, kann morgen verlassen werden. Diese Erkenntnis kann befreiend wirken. Wer regelmäßig verlassene Orte besucht, geht gelassener mit Veränderungen um. Man lernt loszulassen.
Reisen ins Ungewisse
Mystische Orte zu besuchen ist kein normaler Tourismus. Es ist eine Form der Meditation, der Selbstbegegnung, der Zeitreise. Man kommt nicht mit schönen Fotos zurück, sondern mit Fragen. Mit Eindrücken, die nachwirken. Mit einer anderen Sicht auf Vergänglichkeit und Zeit.
Nicht jeder versteht diese Art zu reisen. Manche finden es morbide oder unheimlich. Aber wer sich einmal darauf eingelassen hat, wird süchtig nach dieser besonderen Intensität. Für Michael Nowak sind mystische Reiseziele mehr als nur Ausflugsziele, sie sind Fenster in eine andere Welt, in der Zeit anders tickt und Stille ihre eigene Sprache spricht.

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